Günstige ÖPNV-Zeitkarten – das Ende des e-Tarifs?

von Jörg Sarnes

In den letzten acht Jahren haben wir mit vielen Verkehrsunternehmen und -verbünden eTarife erfolgreich am Markt etablieren können. eTarife bestechen durch die Leistungsgerechtigkeit (Kilometertarif), passgenaue Anreiz- und Steuerungselemente sowie den einfachen Zugang zur Fahrtberechtigung per Check-in auf dem Smartphone. Insbesondere für Gelegenheitsnutzer*innen, aber auch für Neukund*innen und Seltenfahrer*innen sind eTarife nachweislich attraktiv.

Nach der Einführung des 9-Euro-Tickets sind eTarife, wie fast alle anderen Ticketsortimente im konventionellen Tarif, zum Ladenhüter geworden. Kein noch so ausgefeiltes digitales Ticketangebot kann günstiger und einfacher sein als das 9-Euro-Ticket. Selbst der Versuch, die Kund*innen durch einen 9-Euro-Preisdeckel aktiv im System zu halten, war in den letzten zwei Monaten nur von bescheidenem Erfolg gekrönt.

Wie geht es also weiter mit dem eTarif? Es zeichnet sich ab, dass das 9-Euro-Ticket auf Dauer nicht weiter finanziert wird. Daher sind Nachfolgeprodukte, wie das 69-Euro-Ticket oder der jüngste Vorschlag der Grünen, 29 Euro für die Region und 49 Euro bundesweit, im Gespräch. Das sind aus unserer Sicht sinnvolle Ansätze, die den ÖPNV für Häufignutzer*innen sehr attraktiv machen. Das seit fast einem Jahr in Österreich geltende Klimaticket zum regulären Preis von 3 Euro pro Tag, an dessen Einführung mobilité maßgeblich beteiligt war, übertraf von Beginn an alle Erwartungen. Preislich attraktive Netz- und Teilnetzkarten sind verkehrspolitisch zu befürworten, der gesellschaftliche Nutzen ist vorhanden und damit auch der Einsatz von Steuergeldern gerechtfertigt.

Die eigentliche Herausforderung besteht jedoch darin, mit einem klaren Tarifportfolio möglichst viele Menschen anzusprechen und an den ÖPNV zu binden. Gehen wir beispielsweise von einem Betrag für den 9-Euro-Nachfolger von mindestens 29 Euro pro Monat aus, würde das einen großen Kreis der Kundschaft, die weniger als zehn bis 15 Fahrten pro Monat mit Bus und Bahn unternehmen (unserer Schätzung nach 70 bis 80% der Nutzer*innen), wieder ausschließen. Diese müssten sich wieder mutig in den Tarifdschungel begeben und Einzeltickets, die auf kurzen Strecken oft sehr teuer sind, erwerben. Das wäre nicht das richtige Signal zum Gelingen der Verkehrswende! Stattdessen braucht es ein dynamisches und individuelles Angebot, in dem sich alle (potenziellen) Kund*innen wiederfinden.

An dieser Stelle kommt der eTarif wieder ins Spiel, der kurzfristig ohne größere Investitionen überall eingeführt werden kann – grenzenlos. In NRW funktioniert er bereits flächendeckend. Durch den eTarif lassen sich die verschiedensten Anforderungen der Kund*innen mit einem einzigen Angebot abdecken. Zu den wichtigsten Stärken des eTarifs in diesem Kontext zählen:

  • Zugang ohne Tarifkenntnisse mittels »Check-in« zu Beginn jeder Fahrt
  • Höchstmaß an Preis-/Leistungsgerechtigkeit durch die kilometergenaue Abrechnung
  • Individuelle Anreize für eine häufigere und regelmäßigere Nutzung
  • Und der Clou: Mit einem Preisdeckel in Höhe zukünftiger (Teil-)Netzkarten schafft er unbegrenztes Preisvertrauen und Preissicherheit

Im Gespann mit günstigen Zeitkarten ist der eTarif demnach ein zukunftsweisender, ökologisch und ökonomisch sinnvoller Baustein für eine klare Preisstrategie.

Wir sind überzeugt: Der eTarif kann zum Appetizer für den ÖPNV werden und zusammen mit einem guten Fahrplanangebot Synergien entfalten. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die alten (Tarif-)zöpfe abzuschneiden und die Migration digitaler Tariflösungen zu beschleunigen. Verlieren Sie keine Zeit und starten Sie jetzt durch! Seien Sie jederzeit herzlich willkommen bei uns und profitieren Sie von unserer Erfahrung.

09. August 2022