Unser Mobilitätsbudget – Top oder Flop? Erste Erkenntnisse zu Verkehrsmittelwahl, Verhaltensänderungen, Stärken und Herausforderungen 

von Sophie Grahl und Jens Schleifenbaum 

Das ist Teil 3 unserer Serie zum Mobilitätsbudget. Einen Überblick über das klassische Mobilitätsbudget und deren steuerlichen Handhabung finden sich in Teil 1, eine Einordnung des Mobilitätsbudgets neben dem Deutschlandticket in Teil 2. 

Seit dem Jahresbeginn 2023 ist bei BSL Transportation Consultants, mobilité Unternehmensberatung und molytix[1] das Mobilitätsbudget im Einsatz, sodass sich ein erster Stimmungstest unter den Mitarbeitenden lohnt: Wie kommt das Mobilitätsbudget an? Wie aktiv wird es genutzt und wofür wird es eingesetzt? In diesem Artikel stellen wir neben unserem Nutzungsverhalten des Mobilitätsbudgets auch das von über 100 weiteren Unternehmen, gebündelt in einem Mobilitätsreport des Anbieters MOBIKO, vor und untersuchen, an welchen Stellschrauben noch gedreht werden sollte, damit das Mobilitätsbudget zu einem noch attraktiveren Mitarbeitenden-Benefit wird.

Beim Mobilitätsbudget dreht sich (fast) alles um den ÖPNV

Unsere Auswertung im Zeitraum Januar bis Juni 2023 zeigt, dass zwei Drittel aller eingereichten Belege dem ÖPNV zugewiesen werden. Die Kategorien Shared Mobility (Scooter-, Bike- und Carsharing) und Zug (Nah- und Fernverkehr) folgen mit 15 bzw. 14 Prozent. Etwa zwei Prozent der Belege werden für Fahrradkosten (Abo- oder Reparaturkosten), während der gleiche Anteil auf die Kategorie Sonstiges entfällt, hinter der sich die Nutzung von Fernbussen sowie Berg- und Wassertransporte verbergen.


Zur Einordnung: Wir nutzen das Mobilitätsbudget des Anbieters MOBIKO. Unsere Büros befinden sich in den Städten Hamburg und Köln, sodass eine Vielzahl von Mobilitätsoptionen zur Verfügung stehen. Bewusst ausgeschlossen sind nicht-nachhaltige Mobilitätsformen das Privatauto, das Tanken oder Flüge.


Abbildung 1: Anteilige Ausgaben und Belege für die mit dem Mobilitätsbudget genutzten Verkehrsmittel bei uns (Durchschnitt Januar bis Juni 2023)

 

Auch bei den restlichen MOBIKO-Kund*innen wird das Mobilitätsbudget am meisten für den ÖPNV genutzt

Unsere Ergebnisse umfassen eine sehr kleine Stichprobe, weshalb wir sie im Kontext repräsentativerer Datenerhebungen einordnen möchten. Eine der wenigen vorliegenden Datenquellen ist der jährlich erscheinende Mobilitätsreport von MOBIKO, der das Mobilitätsverhalten seiner Kunden zusammenfasst. Ein direkter Vergleich unserer Ergebnisse mit dem des Mobilitätsreports 2022 ist nicht möglich, da die Stichproben zu unterschiedlich sind (nicht nur mit Blick auf die Größe, sondern u.a. auch regionale Begebenheiten, die sehr unterschiedliche Mobilitätsangebote zur Folge haben können). Zudem ist das zur Verfügung stehende Mobilitätsangebot im Report breiter als unseres. Dennoch zeigen sich ähnliche Tendenzen: Shared Mobility und Zugfahrten haben ebenso eine ähnliche Relevanz wie für unsere Mitarbeitenden. Die Abdeckung von Tankkosten und Taxifahrten stellen weitere relevante Nutzungskategorien der MOBIKO-Kund*innen dar, die bei uns durch deren Ausschluss aus unserem Firmen-Mobilitätsbudget nicht vorkommen.

Interessanterweise stellt der Mobilitätsbericht keine Unterschiede bei der Betrachtung von Beleganzahl und Ausgaben für die verschiedenen Kategorien fest.

Abbildung 2: Anteilige Ausgaben und Belege für die mit dem Mobilitätsbudget genutzten Verkehrsmittel aller MOBIKO-Kund*innen (Durchschnitt Januar bis Oktober 2022)

 

Das Mobilitätsbudget verändert das Mobilitätsverhalten: Weg vom Auto, hin zum ÖPNV

Bei einer kurzen internen Umfrage in unseren Unternehmen zeigte sich, dass sich für knapp zwei Drittel unserer Mitarbeitenden das Mobilitätsverhalten durch das Budget nicht verändert hat. Für den Rest der Mitarbeitenden deutet sich eine leichte Verkehrsverlagerung an: Ein gutes Drittel unserer Mitarbeitenden nutzt den ÖPNV häufiger oder wesentlich häufiger als vor der Mobilitätsbudget-Einführung. Bei Sharing-Angeboten liegt dieser Anteil bei 15 Prozent. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse, dass die Nutzung des privaten Fahrrads (-9 Prozent) oder Autos leicht abnimmt (-18 Prozent). Neben dem Verlagerungseffekt hin zu Sharing und ÖV-Angeboten deutet sich an, dass das Verkehrsaufkommen im Vergleich zur Zeit vor der Einführung des Mobilitätsbudgets leicht erhöht ist.

Abbildung 3: Anteil an Befragten, die ihr Mobilitätsverhalten nach Einführung des Mobilitätsbudgets in Bezug auf das jeweilige Verkehrsmittel verändert haben (Durchschnitt Januar bis Juni 2023)

Die kleine Stichprobengröße und der kurze Betrachtungszeitraum schränken die Belastbarkeit der getroffenen Aussagen ein. Auch eine Einordnung unserer Erkenntnisse in weitere Erhebungen im Markt ist nur schwierig möglich, da kaum Informationen zu einem allgemeinen (veränderten) Mobilitätsverhalten durch das Mobilitätsbudget vorliegen. Hier bedarf es weiteren, flächendeckenden Erhebungen zur Bestätigung oder Widerlegung unserer Ergebnisse.

Hohe Flexibilität spricht klar für das Mobilitätsbudget, Nachholbedarf gibt es vor allem bei der Steuerbehandlung

Mit einer durchschnittlichen Zufriedenheitsbewertung von 4,5 von 5 Sternen schneidet das Mobilitätsbudget bei uns sehr gut ab. Gründe dafür sind vor allem die hohe Flexibilität bzgl. der Wahl des Verkehrsmittels sowie der finanzielle Vorteil, der aufgrund der Bereitstellung neben dem Gehalt wirkt. Beide Aspekte führen laut unseren Mitarbeitenden zu einer entspannteren, spontaneren Mobilität. Ebenfalls positiv hervorgehoben wird die Möglichkeit, auch Privatfahrten über das Mobilitätsbudget abrechnen zu lassen.

Großer Kritikpunkt ist die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Mobilitätsformen: Der ÖPNV ist auf Privat- wie auch Arbeitswegen steuerbefreit, beim Fernverkehr gilt die Steuerbefreiung nur auf Arbeitswegen, während sie für Sharing-Angebote grundsätzlich nie greift. Diese Komplexität sorgt für Verwirrung bei den Mitarbeitenden und reduziert den Anreiz, das Mobilitätsbudget und demnach alternative, umweltfreundliche Mobilitätsformen zu nutzen. Gerade im Vergleich zur Besteuerung eines Dienstwagens weist das Mobilitätsbudget Nachholbedarf auf.[2] Beim Prozess der Rechnungseinreichung, der für die nachträgliche Kostenrückerstattung erforderlich ist, wird der erhöhte manuelle Aufwand kritisiert. Hier gibt es auch andere Möglichkeiten, wie der Einsatz einer Prepaid-Karte, doch sind auch hier die steuerlichen Rahmenbedingungen komplex[3].

Aus unserer Unternehmens-internen Befragung gehen zudem noch kleinere Verbesserungsvorschläge für die Handhabung des Mobilitätsbudgets hervor, wie etwa mehr Flexibilität bei der Übertragbarkeit des Restbudgets auf Folgemonate. Anpassungen dieser Art können in direkter Absprache mit dem Anbieter vorgenommen werden.

Was kommt nun?

Schon jetzt ist das Mobilitätsbudget aufgrund des großen Flexibilitätsgewinns ein voller Erfolg und beliebter Arbeitgeberbenefit in unseren Unternehmen. Es wird vorrangig von den Mitarbeitenden genutzt, die eine Vielzahl verschiedener Mobilitätsformen in ihrem Alltag verwenden und dementsprechend nicht durch das Jobticket (mittlerweile in Form des Deutschland-Tickets) auf den ÖPNV und Nahverkehr beschränkt sein möchten. Kleinere Verbesserungsvorschläge bzgl. der Konfiguration lassen sich durch den Anbieter schnell umsetzen. Der größte Weiterentwicklungsbedarf des Mobilitätsbudgets – die vereinfachte steuerliche Behandlung – lässt sich allerdings nicht unmittelbar von Mobilitätsbudget-Anbietern bewältigen. An dieser Stelle ist die Politik gefragt, für eine faire Behandlung der Mobilitätsformen zu . Wir behalten diese Entwicklungen im Auge und werden bei bedeutenden Neuerungen in einem zukünftigen Artikel darüber berichten.

[1] Zusammen in der Beteiligungsholding ERC ElbeRhein Consulting

[2] Für Interessierte gibt es speziell zu dieser Thematik eine ausführliche Ausarbeitung des Öko-Instituts

[3] Steuerliche Aspekte der verschiedenen Mobilitätsbudget-Abrechnungsarten finden Sie in Teil 1 unserer Mobilitätsbudget-Serie

16. August 2023